Die heutige Rolle der Europäischen Kommission bedarf einer europarechtsgeschichtlichen Vergewisserung. Hierzu rekonstruiert Martin Thiele aus historischen Quellen die Entstehung der supranationalen Exekutive von 1950 bis 1965. Er untersucht ihre intellektuellen Wurzeln, die Vertragsverhandlungen, die Kompetenzauslegung in der Praxis und deren Analyse durch die sich konstituierende Europarechtslehre.
In der Debatte über eine institutionelle Reform der EU wird die Aufwertung der Kommission zu einer echten Regierung Europas vorgeschlagen. Schon jetzt wirkt sie als politischer Unternehmer. Martin Thiele unternimmt eine europarechtsgeschichtliche Vergewisserung im Hinblick auf dieses entscheidende EU-Organ: Aus historischen Quellen rekonstruiert er die Entstehung der Hohen Behörde in der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und deren Fortentwicklung zur Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den ersten zwei Jahrzehnten der europäischen Integration. Er untersucht die intellektuellen Wurzeln der technokratischen Regierungsform, die Vertragsverhandlungen und die integrationspolitisch motivierte Kompetenzauslegung in der Praxis. Zugleich entsteht ein Bild von der Konstituierung der Europarechtslehre. Der Einfluss einzelner Juristen auf die bis heute geltende supranationale Strukturentscheidung der Integration sowie ihre immer noch aktuellen Standpunkte werden aufgezeigt.