Wintersturm

Der Thriller startet mit guten Voraussetzungen: Trotz des bevorstehenden Osterfestes wird die isländische Nordküste von Schneestürmen heimgesucht, der scheinbare Selbstmord findet in der Nacht statt, ein zwielichtiger Zeuge hat als einziger etwas gesehen und der Kommissar hat sich mit seiner langjährigen Partnerin verkracht. Immerhin kommt sie ihn in den Osterferien mit dem gemeinsamen Sohn Stefnir zu Besuch, doch aufgrund seiner Arbeit bleibt Ari das private Glück verwehrt.Das möchte man alles gern verzeihen, solange die Handlung wenigstens packend und finster ist, der Klappentext hat's versprochen. Doch Ari marschiert von Verhör zu Verhör, muss sich mit übellaunigen Angehörigen und Zeugen herumschlagen und kommt nebenbei noch einem zweiten Fall auf die Spur. Wahrscheinlich liegt die Brisanz darin, dass sich hier alles innerhalb eines einzigen kleinen Ortes abspielt, denn Ari und seine Kollegen können den Tatort und andere Schauplätze häufig zu Fuß erreichen.Auch die beständige Nachfrage, zu welcher Familie man gehört und der trotz wirtschaftlichen Aufschwungs argwöhnische Blick auf Auswärtige und Zugezogene dürfte prägend für die Kleinstadterfahrung von Kommissar und Lesern sein, doch das allein macht noch kein packendes Buch. Man wünscht sich mit jedem Kapitel eine überraschende Enthüllung, doch am Ende, soviel darf gepoilert werden, bewegt sich zumindest einer der beiden Fälle genau in den vorhergesehenen Bahnen. Selbst der groß angekündigte Schneesturm sorgt nur für ein paar Stromausfälle und eine Racheaktion, das war's.Mit den atemlosen Spannungsbögen von Yrsa Sigurðardóttir oder den Island-Krimis von Arnaldur Indriðason hat "Wintersturm" leider nur wenig gemein. Eher ein solider, komplett schnörkellos erzählter Krimi, der aus dem tragischen Todesfall eine mittelmäßige Handlung mit einem nur mäßig interessanten Ermittler spinnt. Schade drum.Originaltitel: "Vetrarmein"

Melancholisch erzählter Kriminalroman, der nachdenklich stimmt Ari ist der zuständige Kriminalkommissar und wird als solcher kurz vor den Osterfeiertagen, an denen er nach langer Zeit seinen 3-jährigen Sohn samt Ex-Freundin wiedersehen soll, an einen Tatort gerufen. Eine junge Frau ist vom Dach eines Gebäudes gestürzt. Obwohl irgendwie alle von einem Suizid ausgehen, ermittelt die Polizei natürlich auch, ob ein Verbrechen vorliegen könnte. Beides scheint eher unwahrscheinlich in dem kleinen Ort im Norden Islands, wo praktisch jeder jeden kennt, denn die junge Frau war eine zurückhaltende Musterschülerin mit Zukunftsplänen gewesen. Aber dann ist da noch dieser demente Mann, der behaupte, das ¿sie¿ ermordet wurde ¿Jonasson beschreibt einen Kommissar, der sich klar werden muss, wie sein Weg nach der Trennung und gestrandet in dieser Kleinstadt und mit neuem Kollegen weitergehen soll. Während seinen Ermittlungen begegnet er anderen Menschen, die ebenfalls an diesen Punkten stehen: Die Mutter, die ohne ihre Tochter weitermachen muss, die Freundin der Toten, für die klar ist, dass sie den Ort verlassen wird, seine verflossene Liebe, die über ein Studium In der Hauptstadt nachdenkt, dem Arzt, der mit seinem Pflegeheim dem Bankrott von der Schippe springen kann, dem Vater und Sohn-Gespann, die in der Einsamkeit neu anfangen ¿ damit fängt er eine interessante gesellschaftliche Stimmung ein. Die Ermittlungen wirken sehr intim, die Stimmung wirkt auf mich oft sehr melancholisch und am Ende muss man sich in mehr als einem Fall selbst fragen, ob der Ausgang der eigenen Vorstellung von Gerechtigkeit entspricht. Der Fall ist nicht über die Maßen raffiniert konstruiert. Das ¿Nordic Noir¿ liegt eher in den Zwischentönen und wird durch das Wetterphänomen zum Ende der Ermittlungen mit einem Schneesturm und dem folgenden Stromausfall toll eingerahmt.Ich habe die Vorgängerbände der Reihe nicht gelesen. Das war überhaupt kein Problem.