Während einer gemeinsamen Übung des niederländischen, deutschen und dänischen Grenzschutzes vor Helgoland geht der Notruf eines Forschungsschiffes mit dem bemerkenswerten Namen Anthropocene ein, eine Wissenschaftlerin wird vermisst. Xander Rimbach von der Bundespolizei See übernimmt die Befragungen an Bord, nachdem die Suche nach der vermissten Iona Grimstedt erfolglos bleibt. Xander, der aus einem Weinbaugebiet am Neckar stammt, ist noch unsicher auf See und auch bei den Ermittlungen ist er unentschieden, wie er am besten vorgehen soll, ihm fehlt sein Kollege und Mentor Liewe Cupido, der zunächst anderweitig beschäftigt ist. Es bleibt das Gefühl, dass auf der Anthropocene irgendetwas nicht stimmt. Aber es kommt auf Fakten an, wie Liewe immer sagt.
Mathijs Deen beschreibt die Anthropocene detailliert und bildhaft, anschaulich und atmosphärisch, so dass ich mir die Abläufe auf dem Schiff vorstellen kann, wie auch das schwierige Leben und Arbeiten in der Forschungsstation auf Grönland zu Beginn der Geschichte, als die Glaziologin Iona, vielleicht desillusioniert, Eisbohrungen vornimmt und auswertet.
Die Ermittlungen verlaufen schleppend und schwierig, die Seeleute sind wortkarg und Iona hatte auf dem Schiff kaum Kontakte. Ihre Figurenzeichnung wird erst spät vervollständigt. Die auftretenden Charaktere finde ich interessant, sie werden alle glaubwürdig dargestellt.
Obwohl ich anfangs den schweigsamen, eigenwilligen Kommissar Cupido vermisst habe, gefällt mir, dass ich Xander diesmal besser kennenlerne. Trotz seiner Unsicherheit kann er seine Stärken zeigen, er entwickelt sich. Auch über Liewe Cupidos familiären Hintergrund erfahre ich mehr. Die Ermittler werden mir immer vertrauter, so dass ich mich jetzt schon auf den Folgeband freue.
Ruhig in die Handlung eingebettet und unaufdringlich greift Deen aktuelle Themen auf, den Klimawandel und wie Wissenschaftler viel zu oft nicht gehört werden, Angriffe und Hass in den Social Media, auch Kränkungen und verletzter Stolz spielen eine Rolle.
Den Titel finde ich nicht wirklich passend und auch das Cover ist weniger atmosphärisch als bei den Vorgängerbänden, aber das sind nur Äußerlichkeiten. Die Übersetzung durch Andreas Ecke ist versiert und wieder rundum gelungen. 'Die Lotsin' hat mir gefallen und mich gut unterhalten.