Spannend, psychologisch tiefgehend und beklemmend. Ein Thriller, der packt ¿ trotz naiver Figuren und kleiner Schwächen überzeugend.
Der Erdbeerpflücker von Monika Feth ist der Auftakt einer Thriller-Reihe, die mich sofort in ihren Bann gezogen hat. Von der ersten Seite an war ich gefesselt - und das, obwohl man den Täter schon früh kennt. Gerade dieser Kunstgriff macht das Buch so besonders: Die Spannung entsteht nicht durch das Rätsel "Wer ist der Mörder?", sondern durch das "Wie und Wann wird er wieder zuschlagen?" und "Wann werden die anderen Figuren endlich begreifen, wie gefährlich er wirklich ist?".Besonders gelungen fand ich die wechselnden Perspektiven. Wir blicken direkt in Georgs verstörte Gedankenwelt, erleben die nüchterne und methodische Polizeiarbeit von Kommissar Bert und begleiten gleichzeitig Jette, Merle und Imke mit ihren ganz eigenen Emotionen. Dadurch entsteht ein vielschichtiges Bild, das mich immer wieder dazu gebracht hat, mitzudenken und mitzufiebern.Die Figuren sind ein großer Pluspunkt des Buches. Richtig ins Herz geschlossen habe ich den kleinen Hund Rudi, der als Symbol für Mut und Schutz wirkt - auch wenn er nur kurz vorkommt, war er für mich ein stiller Held. Ebenfalls beeindruckend fand ich Jettes Großmutter, die mit ihrer direkten Art und ihrem scharfen Blick Menschen durchschaut. Und Kommissar Bert hat mir gefallen, weil er nicht nur kühler Profi ist, sondern auch mit Bauchgefühl arbeitet und dabei immer menschlich bleibt.Natürlich gibt es auch Aspekte, die mich gestört haben. Die Naivität der Mädchen - vor allem, dass sie Gefahren nicht erkennen oder einfache Vorsichtsmaßnahmen nicht ergreifen - war stellenweise schwer nachzuvollziehen. Georgs Gedankengänge wiederholen sich manchmal, und die Ermittlungen wirken an manchen Stellen ein wenig zu bequem erzählt, wenn entscheidende Hinweise quasi zufällig auftauchen. Dennoch schmälert das die Gesamtwirkung kaum, weil die Spannung durchgehend hoch bleibt.Was mir besonders gefallen hat, ist die Atmosphäre: spannend, beklemmend und gleichzeitig faszinierend. Durch die Augen des Psychopathen zu sehen, war unheimlich, aber auch interessant, weil man seine Gedanken nachvollziehen kann - ohne sie jemals zu entschuldigen. Genau darin liegt für mich die Stärke des Buches: Man bekommt ein Gefühl für die Abgründe eines Täters und fiebert gleichzeitig mit den potenziellen Opfern mit.Mein Fazit: Der Erdbeerpflücker ist ein psychologisch dichter Thriller, der sich leicht und flüssig liest, dabei aber sehr viel mehr Tiefe bietet, als man auf den ersten Blick erwarten würde.