Ich habe dieses Buch in der (leider) gekürzten Hörbuchfassung gehört und damit etwa 2 Stunden eines sehr eindrucksvollen Buches verpasst. Nichtsdestotrotz war es ein weiteres Highlight in diesem Jahr. Geschrieben von Barbara Kingsolver, übersetzt von Dirk van Gunsteren und wunderbar gelesen von Fabian Busch.
Ein starkes und kraftvolles Werk über das Leben in der Welt der Wälder von Virginia - einer Gegend, die scheinbar vergessen wurde von dem Rest der USA. Geographisch zu den Südstaaten gehörend - im Herzen aber immer der Union zugewandt. Arme Schwarze braucht es hier nicht, es gibt genügend Nachfahren der weißen Minenarbeiter, die sich mit Ach und Krach über Wasser halten. Tabakfarmer und Schwarzbrenner kämpfen ums Überleben und zeigen dem Rest der Nation, dass sie darauf scheissen, als Hinterwäldler und Rednecks bezeichnet zu werden - sie bekleben ihre Pickups und rostigen Cadillacs mit Hillbilly-Stickern.
In diese Welt hinein wird Demon geboren; seine Mutter noch ein Teenager und Junkie - sein Vater bereits tot. Seine Kindheit geprägt von Freiheit aber ohne Aufsicht - unter den Augen des Jugendamtes streunt er zwischen dem Trailer seiner Mutter - für die er schon früh sorgen muss - und der Nachbarsfamilie hin und her. Sein bester Freund ist der Enkel der Nachbarin, dessen Mutter im Gefängnis sitzt, weil sie ihren Mann schwer verletzt und fast umgebracht hat - nachdem dieser sie erniedrigt und unaussprechlich behandelt hat.
Demon schlägt sich durch und schafft es, unter dem Radar zu fliegen - bis seine Mutter einen neuen Mann heiratet. Dieser hat eher brutale Ansichten ob der Erziehung eines elfjährigen Kindes.
Immer wieder kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen.
Schließlich kommt es - nach der letzten Entziehungskur der Mutter zu einer weiteren dramatischen Wendung.
Mehr möchte ich hier an der Handlung nicht vorwegnehmen.
Die Autorin hat es geschafft eine Coming-of-Age-Story zu Schreiben, die wie eine Adaption bzw. Übertragung einer Charles Dickens Story in die 1990er Jahre wirkt. Dabei erlebt man als Leser eine Handlung und Dialoge von einer solchen Kraft, dass es einen einfach mitreißt. Demon weiß sich immer zu behaupten und kämpft gegen die Ungerechtigkeit seiner Welt an; dabei hat er selbst ein so großes Herz, dass es einen einfach anrühren muss. Sein Problem bleibt jedoch lange genau dieses große Herz, dabei der erlernte Respekt vor den Erwachsenen und das eingeprügelte Mißtrauen gegenüber eben diesen. Und in all seinen Kampf ist er zunächst nur ein Kind, ein Junge und Teenager, der seinen Platz in der Welt sucht - und immer wieder auf die Schnauze fällt; nicht zuletzt vielleicht auch, weil er bereits als Junkie geboren wird und ihm ein Sportunfall und die anschließende Schmerztherapie mit Oxycodon in die Welt der wirklichen Suchtmittel reißt - hinzu kommen die falschen Freunde mit den falschen Drogen.
Ich empfehle dieses Buch jedem Leser, der von Geschichten wie David Copperfield oder Oliver Twist begeistert ist und gleichzeitig die Atmosphäre mag, die man in Romanen von Woodrell oder Burke findet.
Von mir 6/5 Sternen und alle Daumen weit nach oben gereckt!