Spannung bis zum Schluss, doch zu abruptes Ende und wenig Tiefgang lassen diesen Band hinter seinem Vorgänger zurückbleiben.
"Der Mädchenmaler" führt die Reihe um Jette, Merle und ihre Freunde atmosphärisch dicht fort. Schon zu Beginn baut sich ein Gefühl der Bedrohung auf, das den gesamten Roman durchzieht. Ruben, der Künstler, ist eine erschreckend konsequent gezeichnete Figur, deren Obsession mit Ilka immer beunruhigender wird. Besonders die Rückblenden auf seine Kindheit, die Gewalt des Vaters und das angedeutete Inzestthema geben dem Buch eine beklemmende Tiefe. Es ist kein leichter Stoff, sondern ein psychologisches Spiel, das deutlich unter die Haut geht.Ilka entwickelt sich dabei zur stärksten Figur. Sie kämpft mit aller Kraft gegen ihre Gefangenschaft an, zeigt Widerstand, wo sie eigentlich längst gebrochen sein könnte, und wächst damit über sich hinaus. Auch Jette erhält Momente, in denen sie ihren Mut beweist, nachdem sie im ersten Band eher Opfer war. Dieser Fortschritt wirkt glaubwürdig und bringt eine neue Dynamik.Trotz aller Spannung offenbaren sich jedoch Schwächen. Nebenfiguren wie Mike, Merle oder Imke bleiben erstaunlich blass, und manche - etwa Margot - wirken eher störend als bereichernd. Was besonders ins Gewicht fällt, ist das Ende: Nach einer langen Phase stetiger Zuspitzung wird das Finale zu abrupt abgehandelt. Die Spannung löst sich zu schnell auf, ohne die Tiefe, die dem Buch an dieser Stelle gutgetan hätte.So bleibt "Der Mädchenmaler" ein Thriller, der fesselt und wichtige Themen wie Gewalt, Missbrauch und Abhängigkeit anspricht, dabei aber nicht ganz die Intensität und Wucht des ersten Bandes erreicht. Die bedrückende Atmosphäre trägt über viele Seiten, doch das abrupte Ende hinterlässt einen unzufriedenen Nachgeschmack.Ein lesenswerter, beklemmender Roman, der zeigt, wie wenig man hinter die Abgründe eines Menschen blicken kann - aber auch ein Buch, bei dem mehr Tiefe und ein stärker ausgearbeitetes Finale möglich gewesen wären.