Ulf Stolterfoht erhält den Ernst-Jandl-Preis 2025, weil sein Werk vor allem eines zeigt: dass Lyrik nicht weltfremd ist, sondern direkt aus der Welt selbst kommt. Sie kommt aus einer Wirklichkeit, in der die Menschen leben, und die sie sich aus Sprache zusammenbauen. In seinem mehrbändigen Opus Magnum Fachsprachen ist Stolterfoht tief in den Prozess der Welterschaffung
durch Wörter und Wendungen vorgedrungen. Es ist ein Unternehmen voll abgründigem Witz, weil in ihm der hohe Ton der Dichter plötzlich hohl klingen kann und der Spezialwortschatz des Handwerks lyrisch Ganz und gar neu hat Ulf Stolterfoht sein Dichten
mit dem Zyklus rückkehr von krähe erfunden, einer Tricksterfigur, bei der man nicht weiß, ob sie Vogel, Mensch oder Gott ist. Wenn Stolterfoht sagt, dass ihm die erfassung der welt in ihrer gliederung zum triebziel geworden ist , dann ist dieser Prozess auf schönste Weise unabschließbar und offen. Staunend ist der Leser Teil dieses Abenteuers, vom Wortdonner berührt und vom bewandtnisblitz getroffen.
aus der Jury-Begründung zum Ernst-Jandl-Preis 2025
Wer Freude an Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie und Poetologie hat, ist beim Dichter Ulf Stolterfoht goldrichtig. Wem das alles nichts sagt, der liegt aber auch nicht falsch und folgt ihm gerne bei seinen Streifzügen durchs Textarchiv und die Welt der Sätze aufs experimentelle Terrain. Denn mit den Stolterfohtschen Satzreihen, die einen Haken nach dem anderen schlagen, kann man lesend erleben, wie wir in Sätzen denken. Diese Gedichte sind von großer intellektueller Heiterkeit und literarischer Raffinesse. Sie laden uns Leser:innen dazu ein, mitzuspielen und uns mit unseren eigenen Sätzen einen Reim auf diese Verse zu machen. Ulf Stolterfoht beweist von Gedicht zu Gedicht aufs Neue, was avancierte, experimentelle Lyrik kann. Herzlichen Glückwunsch zum Ernst-Jandl-Preis 2025!
Werner Kogler, Österreichischer Kunst- und Kulturminister